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Bischof Jung: Geschichtsschreibung darf nicht zur Machtfrage verkümmern

Erste Jahresversammlung des Würzburger Diözesangeschichtsvereins nach zwei Jahren Coronapause – Vorsitzender Weiß besorgt über sinkende Mitgliederzahl

Würzburg (POW) Eine um Objektivität und Abwägung bemühte wissenschaftliche Geschichtsforschung hat es schwer. Das hat Bischof Dr. Franz Jung in seinem Grußwort bei der ersten Jahresversammlung des Würzburger Diözesangeschichtsvereins nach zwei Jahren coronabedingter Pause am Freitag, 25. November, betont. Das habe sich jüngst in der Angelegenheit der Umbenennung des Würzburger Kardinal-Faulhaber-Platzes gezeigt. „Das Urteil der Experten spielte keine Rolle mehr, sobald es den eigenen Interessen nicht entsprach. Das selbstgewählte Verfahren, den Weg zur Entscheidung über ein Hearing von Historikerinnen und Historikern zu finden, war plötzlich bedeutungslos und wurde geradezu handstreichartig geändert.“ Geschichtsschreibung und -deutung verkümmere in einem solchen Vorgang zu einer Frage der Macht, sagte Bischof Jung.

Der Bischof blickte bei seinem Grußwort auf die 90-jährige Geschichte des Vereins. Dieser wurde am 22. November 1932 gegründet. Die ersten Würzburger Diözesangeschichtsblätter erschienen im Folgejahr. Schon bald sei ein Kampf um das geschichtliche Selbstverständnis und die Deutungshoheit in der Region entbrannt. Die Nationalsozialisten bezeichneten 1937 den Frankenapostel Kilian als „Aufwiegler“, „Hetzer“ und „Landstreicher“, „während ein heidnisch-germanisches Erbe – genauer, was dafür gehalten und ideologisch überformt wurde – Verherrlichung fand“. Das mache deutlich, dass die Frage der Geschichtsschreibung und -bewertung für die eigene Legitimierung und das Selbstverständnis einer Zeit von zentraler Bedeutung sei. „Die Auseinandersetzungen der jeweiligen Epoche spiegeln sich in den Akzentuierungen der Geschichtsbewältigung und der öffentlichen Erinnerung wider“, betonte Bischof Jung.

Auch die katholische Kirche müsse sich eingestehen, dass es ihr vor dem Hintergrund wachsender Religions- und Kirchenkritik seit der Aufklärung schwergefallen sei, Momente des Versagens zu akzeptieren, da man glaubte, so die Position der Kirche weiter zu schwächen. „Heute bemühen wir uns, im Ringen um die eigene Glaubwürdigkeit offener und ehrlicher zu sein. Das ist nicht immer einfach und Reflexe eines falsch verstandenen Selbstschutzes melden sich schnell.“ Der Bischof dankte den aktiven Forscherinnen und Forschern, die ehrlich und objektiv die Diözesangeschichte erforschen. Besonders gratulierte er Professor Dr. Wolfgang Weiß, dem Vorsitzenden des Diözesangeschichtsvereins, der für seine Verdienste um die Kirchengeschichte vor wenigen Tagen mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde.

Weiß dankte den Vereinsmitgliedern für ihr Engagement. „Ihr rein ehrenamtlicher Einsatz für die Diözesangeschichte stellt das entscheidende Kapital unseres Vereins dar“, sagte er. Zugleich zeigte er sich besorgt, dass seit 2019 die Zahl der persönlichen und institutionellen Mitglieder von 508 auf 451 zurückgegangen sei. „Seit November 2021 gab es vier Eintritte, aber 20 Abgänge durch Kündigung oder Todesfall.“ Auch beim Tauschverkehr mit Druckwerken des Vereins im In- und Ausland sei seit 2019 ein Rückgang von 137 auf 127 zu verzeichnen. Besonderen Dank sprach Weiß der Unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks und insbesondere dem Leiter des Referats Kultur und Heimatpflege, Professor Dr. Klaus Reder, aus.

Im wissenschaftlichen Vortrag blickte Dr. Winfried Romberg auf das Wirken von Bischof Johann Gottfried von Aschhausen, direkter Nachfolger von Bischof Julius Echter. Der Wissenschaftler vollendete innerhalb des Projekts „Germania sacra“ die Würzburger Bischofsreihe, die der mittlerweile verstorbene Alfred Wendehorst bis einschließlich Bischof Julius Echter bearbeitete. Mit den von Romberg untersuchten Bischöfen umfasst die Darstellung die Zeit des Alten Reiches bis zur Säkularisation 1803. Kein anderes Bistum besitze eine so ausführliche Betrachtung über seine Bischöfe, betonte Weiß und dankte Romberg für seine „professionelle, aber auch aufopfernde Arbeit“.

Romberg bezeichnete die Wahl von Aschhausens 1617 als entscheidende Wendemarke. Dieser sei zu diesem Zeitpunkt schon Bischof von Bamberg gewesen und habe als „Reichspolitiker von Format“ ganz anders agiert als Echter, der stets Distanz zu Hof und Papst gewahrt habe. Als Bischof förderte er unter anderem die Wallfahrten nach Höchberg und Mariabuchen. „Die Ewige Anbetung, Roratemessen und die Lauretanische Litanei sind seit seiner Amtszeit im Bistum Würzburg etabliert.“ Für die Würzburger Universität kaufte von Aschhausen drei bedeutende Privatbibliotheken und gründete damit 1619 die Würzburger Universitätsbibliothek. „Die Nutzung war aber anfangs nur den Professoren gestattet.“ Als Fürst beteiligte sich von Aschhausen an der Katholischen Liga unter Führung von Maximilian I. von Bayern. So waren Würzburger Truppen während des Dreißigjährigen Kriegs 1620 an der Schlacht am Weißen Berg bei Prag beteiligt. Das ständige Reisen zwischen den beiden Bischofsstädten Würzburg und Bamberg forderte gesundheitlichen Tribut von Bischof von Aschhausen: Im Alter von 47 Jahren starb er am 29. Dezember 1622 auf dem Fürstentag in Regensburg an Lungenentzündung.

mh (POW)

(4822/1328; E-Mail voraus)

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