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Von Professor Dr. Michael Rosenberger

Dürfen Wallfahrer auch mal lustig sein?

Dürfen Wallfahrer auch mal lustig sein? Diese Frage hat mich sehr nachdenklich gemacht. Was für Erfahrungen mögen hinter ihr stehen? Welche harten, vielleicht schmerzlichen oder sogar erschreckenden Konflikte hat der oder die Fragende wohl erlebt? Hat hier eine Wallfahrtsleitung ein überstrenges Regiment geführt und das Lustigsein „verboten“? Hat die inhaltliche Gestaltung oder der äußere Ablauf einer Wallfahrt Anlass gegeben zu vermuten, Lachen und Frohsinn seien unerwünscht? Wurde die eigene Lebensfreude von einem Mitpilgernden durch einen bösen Kommentar im Keim erstickt? Es tut mir förmlich weh, mir solche Szenarien vorzustellen.

Auf den Wallfahrten, die ich begleite, wird viel gelacht. Trotz oder vielleicht wegen aller Mü-hen und Plagen eines Wallfahrtstages sind wir eine fröhliche und lustige Gemeinschaft. Und das ist gut so. 
Ja, es gab Zeiten und Strömungen in der Kirche, die den Menschen das Lachen verbieten wollten. Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ ist dafür ein sprechendes Beispiel. Da setzt der alte Bibliothekar eines mittelalterlichen Benediktinerklosters alle erlaubten und uner-laubten Mittel ein, um ein philosophisches Buch zu verbergen, in dem das Lachen gelobt wird. Und als manche Mönche dieses Buch dennoch entdecken, schreckt er vor deren Ermordung nicht zurück. – Zweifelsohne übertreibt Umberto Eco, und das würde er sicher auch zugeben. Aber es stimmt schon: Die alten Mönchsregeln, namentlich auch die Benediktsregel (Kap. 4, 6 und 7), lassen kein gutes Haar am Lachen.

Zum Glück sieht es heute in den Klöstern anders aus. Ich kenne viele Mönche, die beim rich-tigen Anlass herzhaft und aus ihrem Innersten heraus lachen. Und das ist gut so! Ein ehrliches und nicht schadenfrohes Lachen ist ein Zeichen innerer Gelassenheit. Es ist ein Zeichen unse-res Glaubens, dass alles Leiden und alle Lasten des Lebens nichts sind im Vergleich mit dem, was Gott uns schenkt. Fröhlichkeit und Lachen sind Merkmale des österlichen Menschen. Wer die Osterbotschaft angenommen hat, darf, ja soll lachen: Tod, wo ist dein Stachel (1 Kor 15)?

Fröhlichkeit ist ein Zeichen großer innerer Freiheit. Wer lacht, hängt nicht krampfhaft an sich selbst, an seinem eigenen Erfolg oder an irgendwelchen Wünschen und Forderungen an das Leben. Er ist frei, das alles zu lassen, aber gerade so auch frei, das zu empfangen, was Gott ihm schenkt. Und am sichtbarsten ist das, wenn jemand herzhaft über sich selber lachen kann. Dann hat er gelernt, sich selber nicht so wichtig zu nehmen. Und das ist sehr, sehr gesund!

Im Buch Kohelet heißt es, dass es für alles eine Zeit gibt (Koh 3,4): „Eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz.“ Das gilt auch auf einer Wallfahrt. Es gibt Wegstrecken, auf denen wir eher klagen – und Gott hört unsere Klagen an. Es gibt Wegstrecken, da werden wir tanzen (und ganz besonders natürlich auf den letzten Metern vor dem Ziel – da wurde seit alters her getanzt wie bei der Echternacher Springprozession). Es gibt Wegstrecken, da werden manche weinen – ich habe noch keine Wallfahrt ohne schmerzliche, bittere Tränen erlebt. Auch das ist gut so! Aber es soll auch Wegstrecken geben, auf denen wir lachen. Wichtig ist wie immer das feine Gespür aller dafür, wann es Zeit zum Weinen und wann es Zeit zum Lachen ist. Aber dieses Gespür entwickeln Wallfahrerinnen und Wallfahrer meist sehr schnell. Jedenfalls wenn sie sich auf-einander einlassen und offen sind für das, was in den anderen vor sich geht.