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Pilgern durch die Coronakrise - 6. April 2020

Liebe Ausharrenden in dieser langen Geduldsprobe,
 
zunächst einmal hoffe ich, dass alle einen guten Palmsonntag feiern konnten und sich mit den Fernseh-, Radio- und Hausgottesdiensten gut beholfen haben. Das Angebot ist ja reichlich. Und trotzdem machte mich jemand darauf aufmerksam, dass es für den Ostermorgen (also die Osternachtfeier am Morgen, nicht am Abend) fast kein mediales Angebot gibt. Und doch ist auch da etwas zu haben. Die Liste aller Gottesdienste dieser Woche findet sich unter fernsehen.katholisch.de/fernsehgottesdienste/kar-und-ostertage-2020. Für den Kreuzweg am Karfreitagmorgen möchte ich ebenfalls schon jetzt einen Materialtipp geben, damit sich alle Interessierten rechtzeitig und in Ruhe vorbereiten können. Sehr schön ist nämlich der Misereor-Kreuzweg: fastenaktion.misereor.de/fileadmin/user_upload_fastenaktion/02-liturgie/kreuzweg-erwachsene-beschreibung-fastenaktion-2020.pdf. Allerdings ist meine Empfehlung, ihn ohne die 15. Station zu beten. Zum einen hat der Kreuzweg grundsätzlich nur 14 Stationen (2 x 7 – die heilige Zahl!), zum anderen ist die 15. Station, wenn man sie denn unbedingt beten will, erst an Ostern angebracht. Wir sollten schon den Tod und die Grabesruhe zwei Tage aushalten können… Ich selber werde am Freitagmorgen um 6 Uhr den Kreuzweg wie gewohnt (nur eben allein) über den Freinberg gehen und empfehle euch/ Ihnen, es in den Familien oder eben allein in der eigenen Wohnumgebung genauso zu tun.
 
Ansonsten bin ich weiterhin sehr froh über den allabendlichen gemeinsamen Austausch per Videokonferenz in der Fastengruppe. Menschen aus Linz, Oftering, Hörsching, Buchkirchen, Marktheidenfeld… sind miteinander im Gespräch – das wäre so ohne Corona gar nicht möglich gewesen. Eine neue Erfahrung. Nur das gemeinsame Singen ist schwierig, da die Leitungen die Stimmen verschoben wiedergeben. Aber perfekt muss es ja nicht sein.
 
Immer lauter werden jetzt die Rufe nach einem Exit aus dem gegenwärtigen Zustand weitgehender Kontaktbeschränkungen. Teilweise aus menschlichen Gründen, teilweise aus menschenrechtlichen, teilweise aus wirtschaftlichen. Alle drei können wir sicher alle gut verstehen. Es stimmt ja: Mit jedem Tag werden die Einschränkungen beschwerlicher und für unser Zusammenleben und –arbeiten bedrohlicher. Dennoch muss man ehrlicherweise zugeben, dass auch die Fachleute noch keine plausiblen Szenarien nennen können, wie der Exit so gestaltet werden kann, dass nicht nach ein oder zwei Wochen eine zweite Infektionswelle durch das Land rollt. Wer in der neuesten Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ die Debatte zwischen dem Virologen Alexander Kekulé und dem Wirtschaftsforscher Clemens Fuest gelesen hat, hat vielleicht wie ich die geballte Ratlosigkeit gespürt, die dieses Gespräch offenbart: Beide wollen zügig einen Ausgang aus den Kontaktbeschränkungen öffnen – aber jeder Vorschlag, den einer der beiden macht, wird vom jeweils anderen abgelehnt. Es ist offenkundig eine ganz, ganz schwierige Frage. Solange es weder ein Medikament noch einen Impfstoff gibt, balancieren wir am Rande des Abgrunds. Und ehrlicherweise müssen wir sagen, dass bislang noch kein Land der Welt einen wirklichen Exit gefunden oder vollzogen hat. Auch in China sind die Erleichterungen homöopathisch gering dosiert – ganz zu schweigen davon, dass man den dortigen Zahlen kaum glauben kann. Insofern werden auch die Schritte, die die österreichische Regierung heute ankündigen will, mit vielen Wenns und Abers verbunden sein.
 
Diese bedrückende Rat- und Perspektivlosigkeit passt gut zu dem Geschehen der Karwoche und ebenso gut zur vierten Phase der ignatianischen Exerzitien. In der Betrachtung des Leidens Jesu, das diese Woche prägt, stellt sich die Frage, wie leidensfähig wir selber sind. Fragen wir uns also zuerst: Woran leide ich in der jetzigen Situation am meisten? Womit fällt es mir am schwersten umzugehen? Und in einem zweiten Schritt: Kann ich das in eine Klage oder ein Klagegebet fassen? Kann ich darauf vertrauen, dass Gott meine Klage hört? Oder habe ich eher das Gefühl, dass sie ins Leere gesprochen ist? Schließlich als dritte Frage: Kann mir der Blick auf das Leiden Jesu Kraft geben, weil ich in meinem Leiden nicht allein bin? Oder ist es ein Mitmensch in meiner Nähe, der mir mit seiner Geduld Mut vermittelt? Oder ein Lied der Klage und der Bitte, oder ein Gedicht…? Was gibt mir in diesen Tagen Kraft, auszuharren, nicht mutlos zu werden?
 
Ich schließe mit einem Gebet des früheren Münsteraner Liturgiewissenschaftlers Adolf Exeler, das gut in diese Woche passt. Möge es Sie/ euch begleiten und Kraft geben. In diesem Sinne gesegnete Kartage,
 
Michael Rosenberger
 
Ich kann nicht beten, Herr.
Ich suche nach Worten, aber ich finde keine.
Nur hohle Phrasen kommen mir in den Sinn.
Herr, du bist in unendlicher Ferne.
Ich habe dich verloren.
Wo bist du? Wo soll ich dich suchen?
Warum zwingst du mich, Herr,
diese Wüste zu durchqueren?
Spröde sind meine Lippen,
und meine Knie wanken.
Wie soll ich da durch diese Wüste kommen?
Mein trockener Mund schreit nach dir,
der du Worte des ewigen Lebens hast,
und wie herrliches kühles Wasser
wäre dein Wort für die Wüste in mir.
Herr, höre mein Flehen! 
 
(Adolf Exeler)