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Pilgern durch die Coronakrise - 9. Dezember 2020

Liebe WeggefährtInnen durch das Corona-Land,
 
während Österreich die Restriktionen soeben wieder ein wenig lockert, denkt Deutschland über einen harten Lockdown in den Weihnachtsferien nach. Es kommt also noch dicker, und es scheint, dass ein weicher Lockdown nicht (mehr) funktioniert, wenn man die Infektionszahlen dauerhaft niedrig halten will. Wir bewegen uns also weiterhin auf schwankendem Boden.
 
Ein wunderbarer Trost in diesen Wochen ist, so wie seit Jahrhunderten in der Adventszeit, die Musik. Vor einigen Tagen erhielt ich einen Hinweis auf einen gesungenen Adventskalender der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland, den ich sehr gerne an alle weiter gebe. Man öffnet jeden Tag ein Türchen und bekommt Musik dafür: www.ekmd.de/aktuell/singender-ekm-adventskalender-2020/ 
 
Vor knapp einem Monat, am 14.11., hatte ich in meinem Rundbrief die Frage gestellt, welche Aktivitäten und Erfahrungen in der Corona-Isolation gegen Einsamkeit helfen. Etliche von euch/ Ihnen haben mir geantwortet, und heute will ich manche dieser Antworten berichten. Folgende Hilfen wurden genannt, zu denen ich immer ein oder mehrere Zitate aus den Zuschriften setze:
 
Geistige Verbundenheit in der Familie: „Durch den starken Familienzusammenhalt bin ich noch immer, wenn auch nicht durch direkten persönlichen Kontakt, so doch in Gedanken mit meinen Geschwistern verbunden. Dies gilt auch für meine verstorbenen Eltern, zu denen ich über deren Tod hinaus eine große Verbundenheit spüre. Dieses „Band der familiären Liebe“ lässt kein Gefühl einer Einsamkeit in mir aufkommen.“
Telefon: „Mit Bekannten und Freunden, die sich alle sehr gefreut haben, hat das Telefon gute Dienste geleistet. Niemand hat gejammert oder sich beschwert. Alle hatten sich mit der Situation gut arrangiert.“ „Mit einigen, die ich sonst zum Essen und Austausch treffe, führe ich jetzt Telefongespräche; das längste war über zwei Stunden. Das hilft sehr. Also ohne Telefon könnte ich mir das Ganze schon verdammt schwierig vorstellen.“
Lektüre: „Ich lese Zeitung(en) oder in einem Buch.“
Lebensmitteleinkäufe: „Ich "genieße" auch immer noch die wöchentlichen Einkäufe, klar mit Maske. Aber ich denke, man muss nur viel Alltägliches bewusst (!!!) wahrnehmen, die gefüllten Regale, die Menschen, die auch einkaufen. Auch wenn ich nicht mit ihnen rede, sind das Kontakte.“ 
Praktische Hilfe: „Auch wenn ich im Ruhestand bin, werden immer wieder meine handwerklichen Fähigkeiten (im Haus und Garten) geschätzt. Einsamkeit und Isolation sind mir somit fremd.“
Zaungespräche: „Im Frühjahr bin ich öfter mal bei Verwandten oder Bekannten vorbeimarschiert. Bei schönem Wetter waren sie oft im Garten und wir haben uns über den Zaun hinweg unterhalten.“ 
Spazierengehen, Walken, Laufen: „Im Übrigen hat es mir stets sehr gut getan, zu laufen. Die Bewegung macht irgendwie den Kopf frei. Viele Gedanken gingen mir da durch den Kopf oder öfter habe ich auch Rosenkranz gebetet.“ „Wenn ich einen Spaziergang in der Siedlung mache, die Gärten usw. bewusst wahrnehmen…“
In der Natur sein: „Zum notwendigen Allein-Sein kann ich mir dennoch Zeit nehmen, so wie es gut für mich ist. Entweder gehe ich in die Natur wandern oder angeln. Im Lauf der Zeit erhalte ich Stimmungen und Eindrücke (z.B. im Jahresverlauf, durch Witterungsverhältnisse etc.) vermittelt, die der Seele gut tun.“ „Alleinsein macht mir keine großen Probleme, im Gegenteil. Ich merke wie ich mich in den letzten Monaten entschleunigt habe. Und draußen in der Natur war ich ja schon vor Corona ständig unterwegs dank meines Hundes.“
 
Da ist wirklich eine ganze Menge zusammengekommen. Und vermutlich kann jedeR von uns eigene Erfahrungen ergänzen. Manchen reichen sie spielend, um das Gefühl der Einsamkeit weit weg zu verbannen. Manche werden sich trotzdem manchmal einsam fühlen. Die Aktivitäten haben wir selbst in der Hand, Gefühle aber kommen und gehen wie sie wollen. Sie lassen sich nicht kommandieren. Der eine oder die andere wird also phasenweise mit dem Gefühl der Einsamkeit leben müssen, trotz eigener Bemühungen und der Bemühungen anderer. Dann kann es helfen, einen der Klagepsalmen der Bibel zu beten. Einfach klagen. Und darauf vertrauen, dass ER hört. In der Übertragung von Huub Oosterhuis heißt ein solcher Klagepsalm so:
 
Ps 116
 
Ich habe dich lieb, 
Lauschender Zugeneigter, 
der mir zugewandt, 
meinen murmelnden Lippen, 
meinem Mund der schreit, 
dem, der im Tod ist, 
der aus der Hölle ruft 
dich, den Namen, der du bist, 
 
höre, meine Seele in Flammen, 
die zu dir flucht und fleht, 
stocktauber Gott, 
allmächtige Taubnessel, 
lauschst du? Was hörst du? 
 
Schreie am Kongo 
an der Elfenbeinküste? 
Und mich, so bitter 
und böse, wie ich bin? 
 
Meine Seele möge fliegen 
durch Tränenschauer 
über Todesflächen hin 
nach einem Ruheplatz 
im Land der Lebenden. 
Weißt du noch, du, 
wie wir begonnen haben, 
als ich herauskam 
aus dem Schoß deines Mädchens. 
 
Ich habe dich lieb, Zugeneigter, 
will nie mehr einsam sein 
zum Ende hin.
 
Und nach einer längeren Phase der Einsamkeit schlägt Oosterhuis als Lobpsalm vor:
 
Ps 68
 
Singe, mach Musik, 
ruf Ihm seinen Namen entgegen 
 
Vater der Waisen 
Helfer der Witwen 
Hüter der Einsamen 
Finder von Fluchtwegen 
 
ruf Ihn an der da kommt 
durch Ödland und Wüsten 
auf geflügelten Füßen.
 
Ich lade ein, diese beiden Psalmen einmal bewusst laut zu beten – auch wenn Sie allein sind/ du allein bist. Es tut gut, die Worte zu hören!
In diesem Sinne wünsche ich weiterhin adventliche Tage und Wochen!
 
Michael Rosenberger