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Von Professor Dr. Michael Rosenberger

Woher kommt der Brauch, Süßigkeiten und Andenken vom Wallfahrtsort mitzubringen? Warum werden die Pilgerandenken auch noch gesegnet?

Der Brauch, dass Pilgernde von Ziel ihrer Wallfahrt Andenken mit nach Hause bringen, ist so alt wie das Wallfahren selbst. Es handelt sich also um einen urmenschlichen Brauch, der lange vor dem Christentum da war und auch heute weit über das Christentum hinaus praktiziert wird. So erfahren wir zum Beispiel in der Apostelgeschichte, dass die Silberschmiede am Tempel der Artemis von Ephesus kleine silberne Tempelchen verkauften, die die heidnischen Wallfahrerinnen und Wallfahrer von dort mit nach Hause nahmen (Apg 19,23-28). Und wer schon einmal die Kirche Saint Michel in Le Puy im französischen Zentralmassiv besucht hat, wird dort in einer Nische ein kleines hölzernes Pilgerkreuz gesehen haben, das ein mittelalterlicher Pilger von Santiago de Compostela mitbrachte und dann dieser Kirche stiftete.

Ohne Wallfahrtsandenken sind Wallfahrten daher kaum vorstellbar. Was aber ist ihre Bedeu-tung? Welchen Sinn macht es, am Wallfahrtsort einzukaufen und etwas mitzubringen? Aus der Sicht der Wallfahrtsorte mag der wirtschaftliche Faktor obenan stehen. Oft sind diese Wallfahrtsorte weitab der Wirtschaftszentren und der großen Handelswege. Da bedeutet der Verkauf von Souvenirs eine beachtliche Einnahmequelle und einen wichtigen Faktor zur Si-cherung von Arbeitsplätzen. Vielfach wurden früher die Andenken im Winter hergestellt, wenn keine Pilgerinnen und Pilger kamen, und im Sommer verkauft.

Dass die Sorge um das Geschäft an den Wallfahrtsorten sehr vital ist, sieht man im schon ge-nannten Text der Apostelgeschichte. Dort fürchten die Silberschmiede, dass Paulus durch seine Predigten Menschen bekehrt und damit den heidnischen Andenkenhandel zerstört. Und wer heute einmal die Hauptstraße von Lourdes durchwandert und die Supermärkte sieht, die dort ihre Lourdes-Madonnen und andere Artikel anbieten, der wird schnell an die heidnischen Silberschmiede in Ephesus erinnert. Vielleicht möchte er oder sie sogar eine „Tempelreini-gung“ durchführen und aufs Neue die Händler und Geldwechsler aus dem heiligen Bezirk hinauswerfen – wobei sie an den meisten Wallfahrtsorten ohnehin außerhalb des heiligen Be-reichs sind. Das also kann nicht die erste Motivation für den Kauf und Verkauf von religiösen Andenken sein.

Und doch machen bescheidene und geschmackvolle religiöse Andenken durchaus Sinn: Für die Pilgernden selber ist es eine schöne und sichtbare Erinnerung, wenn sie zuhause eine Kerze vom Wallfahrtsort anzünden können oder ein Foto vom Gnadenbild an die Wand hängen. Wir Menschen brauchen solche sichtbaren Hilfen, damit wir die wertvollen Erfahrungen nicht vergessen. So wie wir Fotos unserer Familienangehörigen oder unserer Verstorbenen aufhän-gen, so stellen wir eben eine Figur oder ein Bild vom Wallfahrtsort auf.

Ebenso können solche Andenken die Daheimgebliebenen am Segen der Wallfahrt teilhaben lassen. Vielleicht haben sie darum gebeten, für sie zu beten. Vielleicht haben sie die Pilgern-den in ihrem Beten von zuhause begleitet. Wenn man ihnen nun eine Kerze oder einen ande-ren religiösen Gegenstand mitbringt, spüren sie noch tiefer die Verbundenheit im Glauben.

„Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen. Durch dich sollen alle Geschlech-ter der Erde Segen erlangen.“ So spricht Gott zu Abraham, dem ersten Pilgernden der Bibel (Gen 12,2). Natürlich besteht der Segen einer Wallfahrt nicht zuerst darin, Geschenke zu ver-teilen, sondern von den eigenen Erfahrungen zu erzählen, die Mühen und Strapazen, aber auch die Freuden und Glücksmomente an andere weiter zu schenken. Aber ein Andenken kann das Erzählte in dem Beschenkten lebendig halten. Und dass dies geschehe, darum bitten wir beim Segnen der Andenken. Wir nehmen gleichsam alle, denen wir die Gegenstände mitbringen, mit hinein in die große Versammlung am Wallfahrtsziel.